Was ist eine Existenzvernichtungshaftung?
Unter dem Bergriff der Existenzvernichtungshaftung versteht man im Kapitalgesellschaftsrecht die Haftung von Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, wenn die Kapitalgesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist.
Grundsätzlich haften die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht für Schulden der Kapitalgesellschaft. Nur in Ausnahmesituationen kann die Haftung der Gesellschafter wieder aufleben. Eine solche Ausnahmesituation ist die Existenzvernichtungshaftung. Nach dieser Rechtsfigur haften die Gesellschafter dann für die Schulden der Gesellschaft, wenn die Gesellschafter missbräuchlich Vermögenswerte aus der Gesellschaft entwendet, ohne einen angemessenen Ausgleich hierfür zu gewähren, obwohl diese Vermögenswerte für die Befriedigung von Gläubiger der GmbH notwendig sind. Die Haftung erfolgt daher dann, wenn ein Gesellschafter Vermögen aus der Gesellschaft abzieht, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erbringen. Gerät hierdurch die Gesellschaft in Existenznot (Vorliegen einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit) und wird durch diese Existenznot die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigt, so haftet der Gesellschafter für diese Beeinträchtigung.
Wer hat einen Anspruch aus diesem Rechtsinstitut?
Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnten die Gläubiger einer Gesellschaft direkt Ansprüche an die Gesellschafter aus der Existenzvernichtungshaftung herleiten. Begründet wurde dies damit, dass die Gläubiger durch die Reduzierung der Haftungsmasse der Kapitalgesellschaft geschädigt wären (Bremer Vulkan (BGHZ 149,10), Rheumaklinik (II ZR 203/02)).
Mit der Trihotelentscheidung gab der Bundesgerichtshof die Außenhaftung zugunsten einer Haftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft auf. Dies wurde damit begründet, dass der Gesellschafter rechtswidrig in die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft eingegriffen hat und somit die Gesellschaft als solche schädigte. Diese Sichtweise entspricht auch den Haftungsregelungen im Kapitalgesellschaftsrecht (§§ 30, 31 GmbHG; 57, 93 Abs. 3 AktG) und dem Konzernrecht ( §§ 17 ff. 291 .ff AktG). Auch wird hierdurch das Gesellschaftsrecht dem Insolvenzrecht angepasst. Gemäß §§ 1, 89 InsO sollen sämtliche Insolvenzgläubiger gemeinschaftlich mit der gleichen Quote befriedigt werden. Würde hier eine Außenhaftung der Gesellschafter stattfinden, so könnten sich einzelne Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil verschaffen.
Während des Insolvenzverfahren wird daher der Insolvenzverwalter im eigenen Namen für die insolvente Kapitalgesellschaft diesen Anspruch gegen die Gesellschafter verfolgen.