Beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz; 5 Sa 262/19

Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 5. Juni 2019, Az. 3 Ca 303/19, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
1
Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die vom Kläger beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

2
Die Beklagte betreibt ein Handelsunternehmen mit türkischen/orientalischen Süßwaren; sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der 1982 geborene Kläger (verheiratet, ein Kind) war seit 2009 bei der Beklagten als Fahrer zu einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt € 2.675,00 beschäftigt. Mit Schreiben vom 30.11.2018, dem Kläger am 28.02.2019 übergeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2019, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. Mit Klageschrift vom 04.03.2019 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, er verlangte außerdem seine Weiterbeschäftigung und ein Zeugnis. Die Beklagte machte geltend, dem Kläger fehle das Rechtschutzbedürfnis für die Kündigungsschutzklage, denn er habe sie überredet, ihm eine rückdatierte „Gefälligkeitskündigung“ zu erklären.

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Am Vormittag des 03.04.2019 fand vor dem Arbeitsgericht ein Gütetermin statt. Im Ergebnis wollten die Parteien dem Gericht bis zum 17.04.2019 mitteilen, ob eine gütliche Einigung erzielt werden konnte. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten traf ihr Geschäftsführer am Nachmittag des 04.04.2019 den Kläger bei einem Kunden in Heidelberg. Der Kläger trat bei diesem Kunden als Außendienstmitarbeiter eines Wettbewerbers der Beklagten (X. GmbH aus M.) auf und nahm Bestellungen entgegen.

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Mit Schriftsatz vom 17.04.2019 hat die Beklagte den Kündigungsschutzantrag förmlich anerkannt und den Kläger gleichzeitig aufgefordert, seine Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmen. Mit Schriftsatz vom 10.05.2019 erkannte sie auch den Zeugnisantrag an. Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 17.04.2019 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2019 gegen Zahlung einer Abfindung. Er stellte sich einen Betrag von € 13.375,00 (10 Jahre x € 2.675,00 x 0,5) vor. Den Weiterbeschäftigungsantrag stellte er nicht mehr.

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Ebenfalls am 17.04.2019 sandte der ältere Bruder des Geschäftsführers der Beklagten (M. E.), der bei der Beklagten angestellt ist, dem Kläger eine WhatsApp-Nachricht in türkischer Sprache und bezeichnete ihn ins Deutsche übersetzt als „hinterhältigen charakterlosen Lügner“.

6
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 30.11.2018, ihm am 28.02.2019 übergeben, beendet ist oder beendet wird,

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2. das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.11.2018, ihm am 28.02.2019 übergeben, zum 30.06.2019 (§ 622 Abs. 2 Nr. 4 BGB) aufzulösen, § 9 Abs. 1 KSchG,

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3. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen, § 9 KSchG,

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4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Arbeits-/Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art, Dauer sowie Führung und Leistung erstreckt.

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Die Beklagte hat den Kündigungsschutz- und den Zeugnisantrag anerkannt und im Übrigen beantragt,

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den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 05.06.2019 Bezug genommen.

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Das Arbeitsgericht hat die Beklagte nach § 307 ZPO ihrem Anerkenntnis gemäß verurteilt und der Kündigungsschutzklage sowie dem Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses stattgegeben. Den Auflösungsantrag des Klägers gemäß §§ 9,10 KSchG hat es abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 05.06.2019 Bezug genommen.

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Gegen das am 03.07.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 11.07.2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

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Er macht geltend, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG unzumutbar. Das Arbeitsgericht habe nicht alle Besonderheiten des Streitfalls gewürdigt. Vorliegend sei aufgrund der Gesamtsituation eine Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses anzunehmen, insbesondere aufgrund der WhatsApp-Nachricht, die ihm der ältere Bruder des Geschäftsführers gesandt habe. Er habe im Verlauf seiner Betriebszugehörigkeit sehr gut erkennen können, dass der ältere Bruder sehr großen Einfluss auf den Geschäftsführer der Beklagten habe. Eine Entscheidung, die der Geschäftsführer treffen wolle, müsse stets im Einklang mit den Vorstellungen seines älteren Bruders stehen. Die Vorwürfe, die der ältere Bruder ihm gegenüber erhoben habe, begründeten eine starke menschliche Abwertung, denn er habe ihn als charakterlos und hinterhältig bezeichnet. Der ältere Bruder werte es als großen Angriff gegen seine Familie und damit auch gegen die Beklagte, dass er sie vor Gericht gebracht habe. Das Arbeitsgericht habe die Behauptung der Beklagten, das Verhältnis zwischen den Parteien sei nicht zerrüttet, fehlerhaft als wahr angenommen und übersehen, dass es sich um eine Schutzbehauptung handele. Außerdem habe das Arbeitsgericht den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 29.03.2019 nicht berücksichtigt. Die Beklagte sei von einem „völligen Vertrauensverlust“ ausgegangen, so dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „unmöglich“ sei. Wo kein Vertrauensverhältnis bestehe, sei ein gedeihliches Zusammenarbeiten nicht mehr möglich. Erschwerend komme hinzu, dass er mit der Beschimpfung als „hinterhältiger charakterloser Lügner“ in seiner Ehre verletzt worden sei. Gerade vor dem Hintergrund, dass es sich hier um türkischstämmige Parteien handele, sei die Beschimpfung in besonderem Maße ehrverletzend und für manch einen Grund für eine gewaltsame Auseinandersetzung. Hinzu komme, dass ein gewisses positives Arbeitsklima in jedem Betrieb zu herrschen habe. Falls eine starke Spannung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – einschließlich anderer einflussreicher Personen – bestehe, bedeute jeder Arbeitstag eine große mentale Last. Eine Gesundheitsgefährdung sei vorprogrammiert. Das Vertrauensverhältnis sei durch die zahlreichen Streitereien derart beschädigt, dass ihm eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht mehr zuzumuten sei.

17
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 05.06.2019, Az. 3 Ca 303/19, teilweise abzuändern und das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30.06.2019 gegen Zahlung einer hinsichtlich der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung aufzulösen.

19
Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

21
Die Beklagte hält die Berufung bereits für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.

22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.

23
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form– und fristgerecht eingelegt worden. Sie genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO und erweist sich auch sonst als zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt sich der Kläger mit den tragenden Gründen des Arbeitsgerichts hinreichend auseinander. Seine Begründung lässt erkennen, in welchen Punkten das angefochtene Urteil nach Ansicht des Klägers unrichtig sein soll und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht.

II.

24
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, es liege kein hinreichender Grund vor, das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, ist nicht zu beanstanden. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Die Berufungsangriffe des Klägers bleiben erfolglos.

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1. Für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers verlangt § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG als Auflösungsgrund, dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Das Arbeitsgericht hat die einschlägige Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts (vgl. ua. BAG 11.07.2013 – 2 AZR 241/12 – Rn. 15 mwN) zum Begriff der Unzumutbarkeit berücksichtigt und richtig angewendet. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Ausnahme. Das Kündigungsschutzgesetz ist ein Bestandsschutz-, kein Abfindungsgesetz. Dies wird allein unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG kommt demnach nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen in Betracht (vgl. BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 40 mwN). Der Arbeitnehmer hat nicht etwa die freie Wahl, ob er bei festgestellter Unwirksamkeit der Kündigung das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder ob er gegen eine Abfindung ausscheiden will. In der Regel treten durch jede Kündigung Spannungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf. Diese allein vermögen einen Auflösungsantrag noch nicht zu rechtfertigen.

26
2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass im Streitfall keine Auflösungsgründe vorliegen, die eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bedingen können. Die Berufungskammer schließt sich dem an.

27
a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Formulierung der Beklagten im Schriftsatz vom 29.03.2019, „… das Verhalten des Klägers [lässt] den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund völligen Vertrauensverlustes unmöglich erscheinen … “, den Auflösungsantrag des Klägers nicht zu begründen vermag. Die Formulierung wird schon dadurch relativiert, dass die Beklagte dem Kläger im nächsten Satz „gleichwohl“ die „Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten“ hat. Die Berufung verkennt, dass die Ausführungen im Gesamtkontext des Schriftsatzes zu bewerten sind. Die Beklagte führte aus, dass dem Kläger aus ihrer Sicht das Rechtsschutzbedürfnis für seine Kündigungsschutzklage fehle, weil er sie überredet habe, ihm eine rückdatierte „Gefälligkeitskündigung“ auszustellen. Der Kläger habe eine Lohnerhöhung erbeten, die ihm gewährt worden sei, allerdings nicht in gewünschter Höhe. Daraufhin habe er sie gebeten, ihm eine Kündigung auszusprechen, wohl um sozialrechtliche Nachteile zu vermeiden. Unmittelbar nach Übergabe der Kündigung habe der Kläger offensichtlich seinen Prozessbevollmächtigten aufgesucht, um ihn mit der Erhebung einer Klage zu beauftragen. Die Berufung verkennt, dass die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 29.03.2019 sämtlich durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt waren. Sie können daher als Auflösungsgrund nicht herangezogen werden. Prozessparteien dürfen schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) grundsätzlich alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (vgl. BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09 – Rn. 22 mwN).

28
b) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Vorwurf der Beklagten, der Kläger nutze treuwidrig die während seiner zehnjährigen Tätigkeit bei ihr erworbenen Kenntnisse über ihre Kunden aus, als Auflösungsgrund nicht in Betracht komme. Der Kläger habe zur Sache – Besuch eines Kunden der Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen – keine Stellung genommen. Soweit er selbst Anlass für Vorwürfe gegeben habe, könne er seinen Auflösungsantrag hierauf nicht stützen. Hiergegen wendet sich die Berufung nicht. Die vom Arbeitsgericht vertretene Rechtsauffassung steht im Einklang mit der herrschenden Meinung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. unter vielen KR/Spilger 12. Aufl. § 9 KSchG Rn. 56 mwN). Sollte der Kläger, was er nicht bestritten hat, bereits am 03.04.2019 für einen Wettbewerber der Beklagten gearbeitet haben, hätte er während des – aus seiner Sicht noch – bis zum 30.06.2019 bestehenden Arbeitsverhältnisses im Marktbereich der Beklagten Konkurrenztätigkeit entfaltet, obwohl er auch während des Kündigungsschutzprozesses an das Wettbewerbsverbot gebunden war (vgl. BAG 23.10.2014 – 2 AZR 644/13 – Rn. 29 mwN). Wenn ihm die Beklagte in diesem Kontext Treuwidrigkeit vorwirft, kann der Kläger daraus keinen Auflösungsgrund herleiten.

29
c) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Vortrag des Klägers, er habe „nunmehr“ festgestellt, dass die Beklagte ihm im letzten Arbeitsvertrag vom 02.01.2015 nur 21 Tage Urlaub zugesagt habe, während im vorherigen Vertrag vom 02.08.2010 noch 24 Urlaubstage vereinbart worden seien, als Auflösungsgrund nicht in Betracht kommt, weil die vereinbarte Dauer des Erholungsurlaubs erkennbar nichts mit der Kündigung zu tun habe. Auch hiergegen wendet sich die Berufung nicht. Umstände, die zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führen sollen, müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder doch dem Kündigungsschutzprozess stehen (vgl. BAG 11.07.2013 – 2 AZR 241/12 – Rn. 15 mwN).

30
d) Die Berufung macht als Auflösungsgrund nicht mehr geltend, dass sich der Geschäftsführer der Beklagten kritisch-abfällig über den Prozessbevollmächtigten des Klägers geäußert habe. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es an einem konkreten Vortrag fehle, was der Geschäftsführer erklärt haben soll. Es sei deshalb nicht ersichtlich, warum die Äußerung das Verhältnis der Parteien untereinander betreffen sollte. Dem ist nichts hinzuzufügen.

31
e) Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist nach den Gesamtumständen nicht deshalb gerechtfertigt, weil der ältere Bruder des Geschäftsführers der Beklagten den Kläger in einer WhatsApp-Nachricht vom 17.04.2019 in türkischer Sprache als „hinterhältiger charakterloser Lügner“ beschimpft hat. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Verhalten dritter Personen ist als Grund für den Auflösungsantrag nur dann geeignet, wenn der Arbeitgeber dieses Verhalten durch eigenes Tun entscheidend veranlasst oder jedenfalls geduldet hat, ohne hiergegen einzuschreiten (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 15.12.2015 – 8 Sa 183/15 – Rn. 56 mwN). Vorliegend wurde dem Geschäftsführer der Beklagten die WhatsApp-Nachricht seines Bruders vom 17.04.2019 im Kammertermin vom 05.06.2019 gezeigt. Die Beklagte muss sich diese Nachricht nicht zurechnen lassen. Die Ausführungen der Berufung zum türkischstämmigen Hintergrund der Parteien und der Stellung des älteren Bruders im Familiengefüge helfen nicht darüber hinweg, dass für eine Zurechnung eine Veranlassung durch eigenes Tun erforderlich ist. Die Beklagte muss für Äußerungen des Bruders ihres Geschäftsführers nicht einstehen, weil der Kläger dessen „großen Einfluss“ beobachtet haben will. Die Berufung verkennt, dass die Beklagte nicht für den Inhalt der WhatsApp-Nachrichten ihrer Angestellten verantwortlich ist, wenn sie diese nicht in irgendeiner Weise veranlasst hat. Eine Veranlassung ist weder dargetan noch bestehen hierfür greifbare Anhaltspunkte. Es besteht auch keine durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass der Kläger im Fall der Wiederaufnahme der Arbeit befürchten müsste, nicht ordnungsgemäß behandelt zu werden. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass der Bruder des Geschäftsführers, der selbst Arbeitnehmer der Beklagten ist, nicht zu einem angemessenen Ton gegenüber dem Kläger zurückfinden könnte. Eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann deshalb nicht angenommen werden.

III.

32
Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

33
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.